Hauptgeschäftsführer des vbm – Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie e. V. Bertram Brossardt: „M+E Industrie steckt in einer konjunkturellen und strukturellen Krise“
Die bayerische M+E Industrie steckt in der Rezession und in einer strukturellen Krise fest. Die Konjunktur befindet sich im freien Fall: Produktion, Auftragseingänge und Auftragsbestände sinken kontinuierlich. Gleichzeitig steigen die Insolvenzen, die Kurzarbeit und die Arbeitslosigkeit. „Negative Spuren zeigen sich auf dem Arbeitsmarkt. Auch lässt sich nicht abschätzen, wie lange der Konjunkturabschwung anhält – für das nächste Jahr ist jedenfalls keine Besserung in Sicht. Die De-Industrialisierung wirft noch länger ihren Schatten voraus. In diesem Umfeld sind und bleiben Arbeitskosten ein zentraler Standortfaktor und die Forderung der IG Metall nach einer Erhöhung um sieben Prozent ist weit überzogen“, erklärt Brossardt.
Laut vbm verliert die M+E Industrie immer weiter an Wettbewerbsfähigkeit, gerät international ins Hintertreffen. „Löhne, Lohnzusatzkosten und Arbeitskosten sind in den vergangenen Jahren stetig und spürbar gestiegen und auch 2025 werden die Beitragsbelastungen aus der Sozialversicherung rasant zunehmen – die M+E Produktivität kommt aber nicht vom Fleck. Allein im ersten Halbjahr 2024 ist sie um über sechs Prozent eingebrochen. Entgegen der Behauptung der IG Metall, dass der Anteil der Lohnkosten an den betrieblichen Gesamtkosten bei 15 Prozent liegt, sind es in Wahrheit im Durchschnitt rund 35 Prozent, in Einzelfällen auch deutlich darüber. Es ist daher ein gefährlicher Irrglaube, dass hohe Entgeltsteigerungen nur einen geringen Einfluss auf die Gesamtkosten der Betriebe haben. Vielmehr bedeuten steigende Entgelte und Arbeitskosten bei gleichzeitig sinkender Produktivität einen massiven Anstieg der für die internationale Wettbewerbsfähigkeit ausschlaggebenden Lohnstückkosten. Allein in den letzten 10 Jahren sind diese um 44 Prozent gestiegen. All das wirkt sich negativ auf den Arbeitsmarkt aus und bereitet uns große Sorgen“, so Brossardt.
Der Verdienst in der bayerischen M+E Industrie liegt auf Spitzenniveau. Bereits in der dritten von 12 Entgeltgruppen liegt dieser im Durchschnitt höher als der deutsche Durchschnittsverdienst in Höhe von 45.358 Euro (2024). „Wir müssen die Höhe der Entgelte bei der Lohnfindung berücksichtigen. Fakt ist, dass die Reallöhne über einen Zeithorizont der letzten Jahre gestiegen sind. Dies ist auch im Kalenderjahr 2024 der Fall. Auch der Erhalt der Beschäftigung und der Arbeitsplätze in Bayern liegt uns am Herzen. Dafür braucht es einen maßvollen Tarifabschluss, der die Unternehmen nicht überlastet“, so Brossardt.
Prof. Richard Giesen ergänzte: „Das regulatorische Umfeld setzt die Tarifautonomie, vor allem den Flächentarifvertrag, erheblich unter Druck. Mit dem geplanten Bundestariftreuegesetz wird die herkömmliche mitgliedschaftlich legitimierte Tarifgestaltung durch eine staatlich-korporative Festsetzung von Arbeitsbedingungen abgelöst. Hinzu kommt eine richterrechtliche Gestaltung des Arbeitskampfrechts, die faktisch auf die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips verzichtet.“
Die zweite Tarifverhandlung in der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie findet am 15.10.2024 in Nürnberg statt.